Affekt

Affekt

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Af|fekt [a'fɛkt], der; -[e]s, -e:
als Reaktion auf etwas entstandener Zustand außerordentlicher seelischer Erregung, die Kritikfähigkeit, Urteilskraft und Selbstbeherrschung mindert oder ganz ausschaltet:
im Affekt handeln.
Syn.: Erregung.

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Af|fẹkt 〈m. 1heftige Gemütsbewegung ● im \Affekt handeln; etwas im \Affekt tun [<lat. affectus „Gemütsstimmung, Erregung“]

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Af|fẹkt , der; -[e]s, -e:
a) [lat. affectus, zu: afficere (2. Part.: affectum) = in eine Stimmung versetzen] heftige Erregung, Gemütsbewegung; Zustand außergewöhnlicher psychischer Angespanntheit:
im A. handeln;
b) <Pl.> (bildungsspr.) Leidenschaften:
jmds. -e aufrühren.

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Affẹkt
 
[zu lateinisch afficere, affectum »einwirken«, »in eine Stimmung versetzen«] der, -(e)s/-e,
 
 1) allgemein: heftige Erregung, Gemütsbewegung; Zustand außergewöhnlicher seelischer Angespanntheit.
 
 2) Philosophie: Aristoteles verstand unter Affekt alle seelischen Regungen, die von Lust und Schmerz begleitet sind: Begierde, Zorn, Furcht, Mut, Neid, Freude, Freundschaft, Hass, Sehnsucht, Eifersucht, Erbarmen. Die Stoa definierte die Affekte im Anschluss an Platons Seelenlehre im »Timaios« als unvernünftige Seelenzustände, durch die die natürlichen Regungen zerstört würden. Zu den Grundaffekten rechnet die Stoa: Lust, Schmerz, Furcht und Begierde (griechisch »hēdone̅́«, »lýpē«, »phóbos«, »epithymía«). Ideal der Stoiker ist die Apathie, das rechtverstandene Streben oder die guten Affekte (Freude, vernünftiges Wollen, Vorsicht). - In der Neuzeit, besonders bei I. Kant, kam es zu einer substanziellen Einschränkung des Affektbegriffs. Die in der Antike und im mittelalterlichen Denken ungeschiedene Einheit von habituellen Begierden und Gemütsbewegungen wurde zweigeteilt. Als Affekte im engeren Sinn begreift I. Kant die durch Überraschung und kurze Dauer gekennzeichneten Gefühle der Lust und Unlust, während er die beständigen habituellen Begierden (Ehr- und Habsucht, Hass, Liebe u. a.) als Leidenschaften bezeichnet, die vernunftmäßig kaum zu beeinflussen seien; beide werden moralisch verworfen, da sie die menschliche Freiheit einschränkten. Zu einer lebensphilosophischen Rechtfertigung der Leidenschaft kommt es bei F. Nietzsche, der sie mit dem Willen zur Macht verbindet, und bei S. Kierkegaard, wo sie das »Höchste der Existenz« und die subjektive Ausrichtung auf das »objektiv Ungewisse« (Gott) bezweckt. Für M. Heidegger bringt die Leidenschaft, im Gegensatz zum »blindlings aufregenden Anfall« des Affekts, »erst wahre Dauer und Beständigkeit in unser Dasein«.
 
 3) Psychologie: Der Begriff Affekt wird gelegentlich als Synonym für Gefühl, Emotion verwendet, meist jedoch spezieller als Bezeichnung für sehr starke emotionale Reaktionen, die durch eine alarmierende Situation (z. B. Bedrohung) ausgelöst werden. Affekte in diesem engeren Sinn (z. B. Wut, Angst) sind stets gekennzeichnet durch einen hohen psychophysischen Erregungsgrad (Aktivation), der sich in körperlichen Symptomen (z. B. Veränderungen von Puls, Blutdruck, Atmung, Mimik, Gestik) ausdrückt. Im Erleben dominiert der durch die starke Aktivation bedingte Handlungsimpuls, hinter dem Wahrnehmen, Erinnern und Denken zurückbleiben (Bewusstseinseinschränkung). Es kommt dann häufig zur Affekthandlung, die nicht ungezielt, aber unkontrolliert ist (z. B. Kurzschlusshandlung als Entladung einer Affektstauung). In diesem Zusammenhang werden Affekte meist als Störungen des normalen Erlebens und Handelns aufgefasst und erklärt. Abgesehen von einer differenzierten Beurteilung der Handlungssituation, ist die affektive Erregung vom psychophysischen Energieaufwand her dem Handlungserfolg eher förderlich.
 
Beherrschung der Affekte, d. h. der unmittelbaren Handlungsantriebe, gehört als eine Voraussetzung harmonischem menschlichem Zusammenlebens zu den wichtigsten Erziehungszielen verschiedenster Kulturen.
 
Affektstörungen im weiteren Sinn sind bei verschiedenartigen neurotischen, psychotischen und organischen Erkrankungen zu beobachten, z. B. als Affektlabilität (abnorme Schwankungen der Stimmungslage), Affektinkontinenz (Unfähigkeit, Affektäußerungen zu beherrschen), Affektstumpfheit, Affektstarre (Verödung des Gefühlslebens, Apathie), Affektsperre (Hemmung der emotionalen Ansprechbarkeit), Affektsturm (emotionale Übererregbarkeit).
 
 4) Strafrecht: Besonders hochgradige Affekte, deren Vorhandensein in der Regel medizinisch-psychologischer Vorklärung bedarf, können nach § 20 StGB als »tief greifende Bewusstseinsstörung« zum Ausschluss von Schuld und Strafbarkeit führen (nach der Rechtsprechung allerdings nur, wenn ihre Entstehung unverschuldet ist).
 
 
H. M. Gardiner u. a.: Feeling and emotion (New York 1937);
 S. Strasser: Das Gemüt. Grundgedanken zu einer phänomenolog. Philosophie u. Theorie des menschl. Gefühlslebens (1956);
 S. Duval u. R. A. Wicklund: A theory of objective self awareness (New York 1972);
 
Emotionsforschung. Themenheft der Ztschr. Medizin. Psychologie, Bd. 6, My 1/2, hg. v. S. v. Davies Osterkamp u. a. (1980);
 L. Schmidt-Atzert: Emotionspsychologie (1981);
 
Emotionspsychologie, hg. v. H. A. Euler u. H. Mandl (1983);
 A. Ermisch: Gehirne u. Gefühle (1985).

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Af|fẹkt, der; -[e]s, -e [a: lat. affectus, zu: afficere (2. Part.: affectum) = in eine Stimmung versetzen]: a) heftige Erregung, Gemütsbewegung; Zustand außergewöhnlicher seelischer Angespanntheit: dass jeder starke A. das Bild der Welt ... verzerrt (Musil, Mann 1310); ich habe aus reinem A. heraus geschossen (Danella, Hotel 181); im A. handeln; b) <Pl.> Leidenschaften: jmds. -e aufrühren; c) Hang, Neigung: Er mokierte sich über die »Manie für das Grüne« unter den Nordeuropäern. Sie sei ... ein A. von Waldbauern, in denen das Misstrauen gegen die urbane Lebensform noch immer vorherrsche (Fest, Im Gegenlicht 330).

Universal-Lexikon. 2012.

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